Das Thermometer zeigt an die 20 Grad Celsius.
Heiße Samba- und Salsarythmen durchtönen die Nacht in Teneriffas Hauptstadt
Santa Cruz. An den Ständen rund um die Plaza de Espana gibt es allerlei
Exotisches zum Genießen. Zur gleichen Zeit wird der Parque de Santa Catalina
in Gran Canarias Hauptstadt Las Palmas zur riesigen Freilicht-Discothek bei
einer der zahlreichen "Mogollones", Veranstaltungen mit Merengue- Rumba- und
Congatanz und ebenso karibischen, afrobrasilianischen Klängen.
Lateinamerikanisches Karnevalstreiben auf den Strassen von Santa Cruz und
Puerto de la Cruz auf Teneriffa, in Las Palmas und Maspalomas de Gran
Canaria und - wenn auch in bescheideneren Ausmaßen auf La Palma, Lanzarote
und Fuerteventura - sorgen dafür, dass der Karneval auf den Kanaren zu den
berühmtesten in ganz Spanien gehört. Auf dem Festland erreicht lediglich der
Karneval von Cádiz diese Popularität.
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Feiern in
Sta. Cruz de la Palma.
Foto: Tourspain |
Auf die Kanaren kam der Karneval in seiner dort
heute gefeierten Form wohl vor allem durch die Rückkehrer aus den Kolonien.
So erinnern nicht nur die Musik, sondern auch die prachtvollen Kostüme
während der Umzüge und den zahlreichen Veranstaltungen und Wettbewerben an
Rio. Aber bei aller Musik und Tanz und bunter Pracht fehlt auch auf den
Kanaren nicht die Satire und Kritik an Politikern, der Gesellschaft oder den
alltäglichen Dingen des Lebens. So üben die Canarios einerseits anhand ihrer
einfallsreichen Kostümierung Kritik an den Geschehnissen des vergangenen
Jahres oder aktuellen Themen, andererseits sorgen die "Murgas",
Gesangsgruppen, die insbesondere auf Gran Canaria gemeinsam mit den "Comparsas",
den prachtvoll ausstaffierten Tanzgruppen, das Karnevalsgeschehen bestimmen,
für satirische und kritische Töne.
Bereits zu Zeiten der Katholischen Könige gab es
wohl den Brauch, sich an bestimmten Tagen im Jahr zu verkleiden, um auf
öffentlichen Plätzen Kritik üben zu können. 1523 erließ König Carlos I ein
Gesetz, nach dem Verkleidungen und Maskeraden aller Art verboten wurden und
auch sein Sohn, Felipe II. verbot Masken. Erst Felipe V. ließ die Pracht der
Masken wieder aufleben. Es waren vor allem venezianische und genuesische
Kaufleute, die die Mode der Maskenbälle nach Spanien brachten. Die an
Lateinamerika erinnernde Pracht des kanarischen Karnevals schließlich
brachten die Rückkehrer aus den einstigen Kolonien mit. Noch heute erinnert
auf La Palma am Rosenmontag die "Ankunft der Indianos" im Hafen der
Inselhauptstadt Santa Cruz an sie. Mit Schiffen legen sie an und dann ziehen
Hunderte von weißgekleideten "Kolonialherren" mit Strohhüten, begleitet von
Papageien und ihren Mulattinnen, untermalt von tropischen Klängen durch die
Strassen der Stadt.
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Folklore
auf Gran Canaria.
Foto: Tourspain |
Der bekannteste Karneval der Kanaren und ganz
Spaniens ist der auf Teneriffa, in der Hauptstadt Santa Cruz, wo er
besonders in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts seine Glanzzeit
erlebte. Seit damals kamen und kommen Jahr für Jahr mehr Besucher vom
Festland und aus dem Ausland, um das Spektakel wie in der Karibik oder
Brasilien, jedoch nur wenige Flugstunden entfernt zu erleben. Gleich nach
dem Bürgerkrieg wurden bereits in den 40er Jahren wieder Maskenbälle - die
ersten gab es 1851 - veranstaltet. Auf Gran Canaria dagegen wurde vom
Bürgerkrieg an bis in die 70er Jahre keine Karnevalsveranstaltung mehr
gefeiert.
Auf den Kanareninseln steht der Karneval unter
einem jährlich wechselnden Motto. So lautet das diesjährige Karnevalsthema
auf Gran Canaria "Memorias de Africa". Auf einer rund 1.000 Quadratmeter
großen Fläche werden im Parque Santa Catalina Erinnerungen an das nahe
gelegene Afrika wach. Mittelpunkt ist die 20 Meter hohe Skulptur eines
afrikanischen Kriegers. Der Bildhauer und Gestalter Alberto Trujillo hat
fünf verschiedene Szenarien Afrikas geschaffen: die afrikanische Savanne,
die Tierwelt, der Dschungel, die Architektur und die Kunst des afrikanischen
Kontinents. Seit 1995 ist der Künstler mit der Dekoration des
karnevalistischen Schauplatzes beauftragt. Der Karneval von Sta. Cruz de
Tenerife ist im Jahr 2004 eine Hommage an die Sängerin Celia Cruz. Die im
vergangenen Jahr verstorbene Salsa-Königin hatte den Karneval entscheidend
mitgeprägt. 1987 verführten ihre Lieder eine Gruppe von 250.000 Menschen zum
Tanzen; ein Rekord, der mit einem Eintrag in das Guiness-Buch der Rekorde
belohnt wurde. Ihr legendärer Zuruf "Azúcar", um dem Publikum einzuheizen,
wurde für das Jahr 2004 zum Karnevalsmotto auserkoren. In Puerto de la Cruz
wurden die kreativen Karnevalisten von Jules Vernes inspiriert. Dort lautet
das Motto "20.000 Meilen unter dem Meer".
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Strandvergnügen auf Gran Canaria.
Foto: Tourspain |
Einer der Höhepunkte des Karnevals ist auf
Teneriffa und Gran Canaria, wie auf nahezu allen Kanareninseln, die Wahl der
Karnevalskönigin. Auf Gran Canaria wird alljährlich neben der Königin auch
eine "Drag-Queen" gewählt, ein Spektakel, das zu den außergewöhnlichsten des
Karnevals auf der Insel gehört. Auch die Travestie spielte und spielt in der
Geschichte des Karnevals seit Jahrhunderten, nicht nur in Spanien eine
bedeutende Rolle, eine Tatsache, die insbesondere den Kirchenobersten stets
ein Dorn im Auge war. So gibt es im Archiv von Santa Cruz de Tenerife noch
das Dokument eines Ediktes aus dem Ende des 18. Jahrhunderts, dass
Verkleidungen, die das Geschlecht veränderten, verbot.
Die Königin und auf Gran Canaria auch die Drag
Queen sind es, die auf allen prachtvollen Umzügen, vom Eröffnungskorso bis
zur "Apotheose" und den großen Umzügen die absoluten Höhepunkte des
Karnevals darstellen. Die jeweiligen Umzüge finden je nach Stadt und Insel
an teilweise unterschiedlichen Tagen statt. Prachtvolle Umzüge gibt es in
Santa Cruz und Puerto de la Cruz auf Teneriffa, in Las Palmas und Maspalomas
auf Gran Canaria, in Santa Cruz de La Palma, in Arecife und Puerto del
Carmen und Playa Blanca auf Lanzarote und in Puerto del Rosario und
Corralejo auf Fuerteventura. Rund fünf Stunden dauert der große Umzug in
Santa Cruz de Tenerife und mehr als 20.000 kostümierte Karnevalsaktivisten
nehmen teil. Die Bürger von Las Palmas, Murgas und Comparsas, geschmückte
Wagen, Autos, und viele sich spontan dazu kostümierte Gruppen ziehen auf
rund sieben Kilometern an rund 200 000 Zuschauern vorbei durch ihre Stadt.
Ein Spektakel nicht minderer Art ist das große
"Begräbnis der Sardine", das das Ende der Karnevalstage, die auf den Kanaren
traditionell bis zum Sonntag nach dem eigentlichen Karnevalswochenende
dauern, einläutet. Ein riesiger Pappmaché-Fisch wird vom Parque San Telmo in
Las Palmas aus in einem reich geschmückten und ausgelassenen "Trauerzug" bis
an den berühmtesten Stadtstrand, die Playa de las Canteras, gebracht, und
dort unter Musik und Feuerwerk "begraben".
Auf Gran Canaria sehenswert ist außerdem der
Wettbewerb des Bodypainting. Die Modelle, die ihren Körper in allen Farben
und Formen bemalen lassen, verwandeln sich in sehenswerte, lebende
Kunstwerke. Für Besucher und Einwohner ebenfalls eine beliebte Aktivität ist
der Wettbewerb um den schönsten karnevalistisch dekorierten Laden oder
Freizeitbereich. Auf Teneriffa schließlich explodiert die Sardine nach
einem seltsamen Trauerzug mit als Papst, Mönchen und Nonnen verkleideten
Karnevalsaktivisten, die unter Tränen und Wehklagen vom süßen, exzessiven
Leben Abschied nehmen.
Quelle: FVA Spanien /
pairola-media
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